Luisa, kannst du eigentlich empfehlen, Jura zu studieren?

Jeder, der einmal bei einer Instagram-Live-Session mit mir dabei war, kennt die beliebteste und etwa 1,6 Millionen Mal gestellte Frage aller Fragen: Luisa, kannst du eigentlich empfehlen, Jura zu studieren? Nach sieben Jahren Ausbildung, etwa 254 Quadratlitern verweinten Tränen und unzähligen Flaschen Trost-Gin bleibt mir nur zu sagen: JA, ich kann es empfehlen. Ihr müsst nur die folgenden Eigenschaften mitbringen und dann werdet ihr dieses Studium sowie das Referendariat auf der linken Arschbacke abrutschen.

1. Reiche Eltern

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Voraussetzung Numero Uno für ein erfolgreiches Jurastudium sind reiche Eltern. Ihr müsst nicht nur unfassbar viele Gesetze, Lehrbücher, Skripte, neuere Gesetze und Karteikärtchen kaufen. Ihr müsst, nachdem ihr im sechs- bis achtsemestrigen Studium an einer deutschen Universität genau nichts gelernt habt, mindestens anderthalb Tausend Euro für ein Repetitorium aufwenden (bei welchem ihr via Brainwash und Spiel mit der Angst übrigens davon überzeugt werdet, dass ihr noch mehr Skripte und Karteikarten kaufen müsst) und außerdem geistige Tiefflieger dafür bezahlen, dass sie sexuell frustriert und unterbezahlt eure Übungsklausuren „korrigieren“. Aber das eine, wofür ihr als Jurastudent wohl das allermeiste Geld brauchen werdet, ist euer Outfit. Ohne die Grundausstattung für Mädels – mit weißen Perlenohrringen, den Timberland Segelschuhen für den Sommer, den UGG-Boots für den Winter, dem Burberry Schal und der Louis Vuitton Neverful – braucht ihr weder in der Bibliothek, noch in der Vorlesung jemals auftauchen.

2. Keine Hobbies (Ausnahme Reiten, Segeln, Papas Porsche fahren)

Ein Jurastudent darf außerdem keine Hobbies haben. Denn für sowas Primitives wie Freizeit ist er einfach nicht zu haben. Ihr sitzt in der Uni und habt jede Menge Vorlesungen. Nach den Vorlesungen habt ihr Propedeutische Übungen zu den Vorlesungen und danach noch Tutorien. Wenn du glaubst, dass du nach so einem Tutorium dein Tagespensum geschafft hast, bist du allerdings völlig falsch gewickelt. Der gute Jurastudent geht nun ohne Abendessen direkt in die Bibliothek und arbeitet das am Tag gelernte nach. Nicht umsonst haben die Rechtshäuser und Rechtsbibliotheken an den meisten Universitäten rund um die Uhr geöffnet. Bei den abendlichen Bibliothekseinheiten geht es in etwa um das Selbe wie bei Joko und Klaas: „Aushalten, nicht lachen“. Es heißt bei uns nur „Aushalten und weder einschlafen noch als erstes nach Hause gehen!“. (Eine Ausnahme zu diesem Absatz gilt natürlich für die Hobbies Reiten, Segeln und Papas Porsche fahren. Diese Hobbies sind selbstverständlich weiter auszuführen. Und noch wichtiger: Es ist zu kommunizieren, dass man diesen Hobbies nachgeht!)

3. Keine Freunde (Ausnahme: andere Jurastudenten)

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Ein erfolgreicher Jurastudent hat keine Freunde. Er braucht auch keine und hat für sowas gesellschaftlich standardmäßiges auch keine Zeit (siehe 2.). Worüber sollst du dich auch mit normalen Menschen unterhalten, wenn du erst Jurastudent bist? Ich meine, die haben ja keine Ahnung, wer der Katzenkönig ist, welche Meinungsstreits es zum Erlaubnistatbestandsirrtum gibt und was die Ausnahme von der Rückabwicklung im Dreieck im Fall der Bankanweisung ist.

TIPP: Diesem Punkt kannst du übrigens problemlos nachkommen, wenn du auf Partys einfach regelmäßig einem Erzählenden ins Wort fällst und erklärst, dass es sehr wohl einen Unterschied zwischen Eigentum und Besitz gibt und dass du erwartest, dass diese Unterscheidung in deiner Anwesenheit beachtet wird.

4. Schmerzen lieben

Ja, ihr lest richtig. Wenn ihr diesem ganzen „Shades-of-Greys“-Ding verfallen seid, dann ist das Jurastudium für euch GENAU DAS RICHTIGE! Denn eines werdet ihr ganz sicher über die gesamte Ausbildung haben: Schmerzen. Körperliche Schmerzen vom zwölf Stunden am Schreibtisch sitzen, 50 Seiten Klausuren schreiben und Gesetze mit Gewicht von Backsteinen durch die Gegend schleppen. Daneben werden auf euch emotionale Schmerzen zukommen, von denen ich vorher nicht einmal wusste, dass man sie in dieser Dimension fühlen kann. Ihr werdet gesagt bekommen, dass ihr Nieten seid, auf euren Klausuren wird stehen, dass ihr an einer Mischung zwischen Legasthenie und geistigen Behinderung leidet und ihr werdet fassungslos vor Büchern und Zeitschriften sitzen und merken, dass Emanuel-Johann-Friederich mal wieder die eine Seite, die ihr für eure Hausarbeit braucht, herausgerissen hat.

5. Kein Streben nach Anerkennung

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Derjenige, der Jura studiert, will später im Berufsleben nicht etwa anerkannt und bewundert werden. Wollte er das, hätte er schließlich Medizin studiert und wäre ein Gott in Weiß geworden. Juristen sind aber keine Götter. Juristen sind der Teufel. Wir bringen keine süßen Babys auf die Welt oder heilen Krebs. Niemand mag uns und niemand will etwas mit uns zu tun haben. Du wirst keine Wohnung bekommen, weil Vermieter Angst haben, verklagt zu werden. Deine Berufsbezeichnung trägt die Adverben geldgeil, unverschämt, geldgeil, das personifizierte Böse und geldgeil. Du wirst gemieden und erst dann gebraucht, wenn der Mandant bereits wegen sexueller Belästigung gekündigt wurde, eine Morddrohung an den Arbeitgeber geschickt und auf Facebook seinem Hass öffentlich freien Lauf gelassen hat. Und wenn du dann den Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht verlierst, bist du der beschissenste Anwalt, der dem Mandanten je untergekommen ist. Und du hast natürlich Schuld daran, dass er verloren hat.

FAZIT: Wenn du jetzt noch gut im auswendig lernen bist (man muss alle Gesetze auswendig können!), deine Oma eine hübsche Tragetasche für Schönfelder und Sartorius stricken kann und du in Diskussionen immer gegen das Argument „aber bei Google steht das anders!“ verlieren willst, dann ist das Jurastudium absolut das richtige für dich! Sollten dich nun dennoch weitere Fragen dazu quälen, ob du Jura studieren sollst, darfst du deiner Wissbegierde gerne in den Kommentaren Luft machen.

Mit kollegialen Grüßen,

eure Luisa

23 Gedanken zu „Luisa, kannst du eigentlich empfehlen, Jura zu studieren?“

  1. Also eig hättest du den Post ja enden lassen sollen mit: Kommt drauf an 😉
    Weil so pauschal wie du das hier beschreibst, kann man das ja nicht sagen

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  2. Gott ich liebe deine Beiträge zum Studium. Allgemein liebe ich die Beiträge ja schon aber die zur Juristerei sind der Knaller!
    Und ich meine wer ohne Timberland und Louis in die Bib kommt ist eh unten durch 😂😂😂

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  3. Also dieser Blogeintrag ist genial! Erstens spricht er mir aus der Seele und ohne Sarkasmus geht beim Jus(bei mir in Ö so) / Jura Studium ohnehin nichts. Es wird auch nie einer so richtig verstehen, der sich diesen Wahnsinn nicht antut🙊

    Danke, dass du mir meine „Ferien“ ein bisschen versüßt und wir wissen beide, dass Ferien beim Jura Studium vorlesungsfreie Zeit bedeutet und gleichzusetzen ist mit: ich kann sogar den ganzen Tag lernen.

    Lg von einer österreichischen Leidensgenossin, die sich im letzten Jahr des Studiums befindet und viel Dirchhaltevermögen aufbringen muss, um bei der Hitzewelle trotzdem um 07:00 beim Schreibtisch zu sitzen und Bürgerliches Recht durchdrückt.

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  4. Hahahhaha also erst hab ich gelacht und deinen Humor angenommen. Und dann dachte ich mir: Scheiße das Zeugs ist aber wirklich teuer 😂
    Thema Schmerzen sollte am Besten einen größeren Absatz bekommen 🙈 Mach weiter so!

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  5. Liebe Luisa, danke für den lustigen Beitrag. Wenn man auf die Aussage, dass man im Oktober mit Jura angängt immer nur „Boah, das ist doch total trocken“ hört, ist das eine erfrischende Abwechslung!
    Bleib wie du bist und mach bitte, bitte weiter! ❤

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  6. Völliger Blödsinn diese Tips. Nehmt die bloß nicht ernst, liebe neu Studierende.
    Ihr braucht weder reiche Eltern für Bücher und Klamotten – was ihr anhabt ist egal und Bücher gibts in der Bib zum ausleihen – und auswendig lernen müsst ihr nur Schemas und Definitionen und keine Gesetze und Zeit für Hobbys, Freunde, Ehrenamt bleibt auch.

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    1. Iro­nie (Substantiv, feminin)

      feiner, verdeckter Spott, mit dem jemand etwas dadurch zu treffen sucht, dass er es unter dem augenfälligen Schein der eigenen Billigung lächerlich macht

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  7. Alles Wesentliche erwähnt 🙂
    Entspannter wird es dann im Ref. Unser Ausbilder in der Verwaltungsstation (Herbst 2004) sagte uns damals, dass das zweite Staatsexamen ja ohnehin nur eine „Schichtenzugehörigkeitsprüfung“ sei. Ach soooo!

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      1. Ja perfekt! 🙂 Dann kannst Du doch völlig entspannt sein. Du hast es bis dahin geschafft und die Prüfer wollen doch in erster Linie schauen: „Können wir uns den Prüfling Luisa später als Anwältin, etc. vorstellen? Können wir sie auf die Menschheit loslassen? Hat sie den STALLGERUCH?“ Ist so, machen wir uns nichts vor. Aber keiner wird sich mehr im Detail daran erinnern, ob Du jede Frage genau beantwortet hast. Hauptsache reden. Reden, reden, reden. Und die Gedanken laut entwickeln.
        Aktenvortrag gibt’s noch, ja? 🙂 Wenn Du den souverän rüber bringst, ist der Drops gelutscht. Toi, toi, toi!

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